Inhaltsverzeichnis

ZUM BUCH

 

Wenn Frauen Gott suchen, verstellen ihnen männlich dominierte Gottesbilder bisweilen den Zugang. Deshalb halten sie Ausschau nach weiblichen Bildern, in denen das Antlitz Gottes ebenfalls sichtbar werden kann. „Sucht mein Antlitz!“ ist der Leitgedanke der vorliegenden Gottesdienstmodelle. Biblische Frauengestalten inspirieren Frauen heute bei der Suche nach ihrem Platz in Theologie, Kirche und Glaubensleben und machen auf die weiblichen Akzente im Gottesbild aufmerksam.

In unterschiedlichsten Feierformen für zahlreiche Anlässe während des ganzen Jahres nimmt die Suche nach dem Antlitz Gottes Gestalt an: von Eucharistiefeiern, z. B. am Fest der heiligen Maria von Magdala, über die Maiandacht, eine Vesper als Abschluss einer Tagung, einen Erntedankgottesdienst, einen ökumenischen Frauengottesdienst bis hin zu einem Rorate-Gottesdienst im Advent oder einer Wort-Gottes-Feier im Freien u. v. m.

 

 

DIE AUTORIN

 

Barbara Palm-Scheidgen, geb. 1953, war Juristin bei einem Berufsverband, Gemeindereferentin und Krankenhausseelsorgerin im Bistum Essen. Sie ist langjährige Mitarbeiterin der Zeitschrift Liturgie konkret.

 

BARBARA PALM-SCHEIDGEN

 

 

Sucht mein Antlitz!

 

Frauengottesdienste

 

 

 

 

 

 

 

 

VERLAG FRIEDRICH PUSTET
REGENSBURG

IMPRESSUM

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

eISBN 978-3-7917-6115-2 (epub)
© by Verlag Friedrich Pustet, Regensburg
Umschlagbilder: A. v. Jawlensky, Heilandsgesicht, © akg-images
Layout und Umschlaggestaltung: Martin Veicht, Regensburg
Satz: MedienBüro Monika Fuchs, Hildesheim
eBook-Produktion: Friedrich Pustet, Regensburg

Diese Publikationen ist auch als Printprodukt erhältlich:
ISBN 978-3-7917-2914-5

 

Weitere Publikationen aus unserem Verlagsprogramm finden Sie unter:

www.verlag-pustet.de

www.liturgie-konkret.de

 

 

Vorwort

Wenn Frauen Gott suchen, können sie nicht so selbstverständlich wie Männer Zugänge finden. Die meisten Bilder von Gott, die Auslegung und Auswahl der biblischen Texte, die Gebete der Messfeier sowie die Anreden für Gott sind männlich geprägt. Manche Frauen akzeptieren es für sich, für Gott stets ein „Er“ zu setzen, und haben mit den vertrauten männlichen Vorstellungen von Gott als dem Vater, dem Schöpfer, dem Allmächtigen, dem Richter, dem Herrn, dem Herrscher, dem König, dem Höchsten keine Schwierigkeiten. Anderen Frauen ist es wichtig, Gott nicht so einseitig festzulegen, sondern, wenn schon menschliche Bilder übertragen werden, auch nach weiblichen Ausschau zu halten. Immer mehr Frauen sehnen sich danach, nicht nur „mitgemeint“, nebenbei erwähnt, namenlos zu sein. Ihnen kann vielleicht eine Marta, die Jesus ebenso als Messias er- und bekannte wie Petrus, näher stehen als der Fels der Kirche.

Im vorliegenden Buch ist die Aufforderung „Sucht mein Antlitz!“ aus Psalm 27 Leitgedanke für die Gottesdienstmodelle, die besonders – aber nicht ausschließlich – Gott suchende Frauen ansprechen sollen. In ihnen stehen Bibeltexte im Fokus, in denen Frauen vorkommen und Raum einnehmen oder die das weibliche Angesicht Gottes als eine Facette von Gottes Fülle entfalten. Die unfassbar vielfältigen Dimensionen Gottes, das Größersein als unsere menschliche Vorstellungskraft haben schon Frauen der hebräischen Bibel und des Zweiten Testaments erkannt. Sie haben Gott beschrieben aus ihren Erfahrungen heraus und versucht, Bilder und Wesenseigenschaften zu benennen. Diese „Namen“ für Gott sind prägnante Überschrift zu jedem Gottesdienstmodell. Als „Schwestern“ im Glauben inspirieren Frauengestalten der Heiligen Schrift Frauen heute, zu einer biblisch fundierten Spiritualität zu finden. Sie können Identifikationsfiguren sein bei der Suche nach einem eigenen Platz in Theologie, Kirche und Glaubensleben. Viele Frauen sind erstaunt und froh, wenn sie auf die feminine Seite Gottes, auf weibliche Akzente im Gottesbild aufmerksam gemacht werden.

Die Elemente in den angebotenen verschiedenen Gottesdienstformen (z. B. Eucharistiefeier, Wortgottesdienst, Andacht, Vesper, Segensfeier, ökumenischer Gottesdienst) können häufig auch jeweils in einer anderen Feierform Platz finden. Ebenso ist es wünschenswert, kreativ an die Modelle heranzugehen, sie an die Gemeindesituation und den eigenen Lebenshorizont anzupassen sowie die Adressatengruppe nach Möglichkeit in die Vorbereitung und Gestaltung der Gottesdienste einzubeziehen. Bestenfalls wird die Liturgie ganzheitlich erlebt – als Feier, in der Leben und Glauben geteilt werden. Dazu können Gemeinschaft stiftende Rituale, der Ausdruck von Gefühlen durch Bewegung, Gestik, Sprache, Musik und die Verwendung von Symbolen beitragen. Vor jeder Feier werden thematische Einsatzmöglichkeiten und Anlässe im Jahreskreis angegeben, die als Anregung aufzufassen sind.

Herzlich danke ich Herrn Dr. Rudolf Zwank für seine kompetente, stets ermutigende Begleitung als Lektor sowie meinem Ehemann für seine verständnisvolle Geduld während der Erstellung dieses Buches.

Möge es Frauen bestärken, sich auf die persönliche Suche nach dem Antlitz Gottes in dieser Welt zu machen und ihre Fähigkeiten und ihre Glaubenskraft beim Vorbereiten und Feiern von lebendigen Frauenliturgien einzubringen!

 

Antlitz

 

das entgegenschaut

aus der Ferne

von oben

himmlisch fremdartig

unfassbar anders

in der Wolke verhüllt

verborgen und geheimnisvoll

leuchtend

 

das entgegenblickt

nahebei

von unten

direkt nebenan

als konkretes Gesicht

auf Augenhöhe

Du, mein Bruder

Du, meine Schwester

 

Anlässe im Kirchenjahr: von Advent bis Erntedank

 

GOTT BIST DU UND NICHT MANN

Meditativer Impuls

Hinweis
Dieser meditative Impuls zum Gottesbild kann vielseitig verwendet werden. In einem Wortgottesdienst ist sein Einsatz nach einer geeigneten Lesung möglich, in einer werktäglichen Eucharistiefeier kann er als Meditation nach der Kommunion vorgetragen werden.

Impuls
zu Hos 11,1–4.8a.c–9

Gott bist du, heilig in unserer Mitte

 

Gott bist du,

keine Frau, aber auch kein Mann.

Wie ein Vater und wie eine Mutter

und noch viel mehr,

größer, anders als unsere Bilder.

Da bist du

wie liebende Eltern.

Den Säugling legst du an deine Wange,

neigst dich ihm zu und nährst ihn an deiner Brust.

Dein Kind lehrst du laufen

und fängst es am Ende des Weges mit väterlichen Armen auf.

 

Gott bist du,

Mutterschoß der Liebe,

groß dein Bedürfnis zu trösten.

Vergessend die Glut deines Zorns

über menschliches Versagen.

Dein loderndes Herz wendet sich um,

mitleidend, rettend, erbarmend,

heilig du in unserer Mitte.

FRIEDENSKÖNIG UND BRÄUTIGAM

Tochter Zion

Hinweis
Dieses Modell für einen Rorate-Gottesdienst im Advent ist werktags bis zum 16. Dezember zu feiern. Der Gottesdienst beginnt in der Frühe. Am Eingang der Kirche stehen (tropfgeschützte) Kerzen bereit, dazu eine Möglichkeit zum Entzünden der Kerzen. Der Kirchenraum ist nur gedämpft oder gar nicht künstlich beleuchtet. Licht geben die Altarkerzen und die Kerzen der Mitfeiernden. Anschließend kann gemeinsam gefrühstückt werden.

Zur Eröffnung
O Heiland, reiß die Himmel auf (GL 231,1.2.4)

Einführung
Herzlich willkommen zu unserer Rorate-Feier am frühen Morgen. Advent – eine Zeit der Sehnsucht nach Licht und Trost. Wir warten jedes Jahr erneut auf die Ankunft unseres Retters und erflehen dringlich für unsere zerrissene Welt Gerechtigkeit, die wie Tau vom Himmel herabregnen möge. Gleichzeitig richten wir unseren Blick aber auch auf die zweite Ankunft Christi am Ende der Zeiten, die Christen als hochzeitliches Ereignis erwarten.

Kyrie-Rufe
Tau aus Himmelshöhn (GL 158)

Gebet
Guter Gott, wir hoffen, dass die Welt wieder neu wird, wenn du kommst. Schenke uns Wachsamkeit und gläubiges Vertrauen, damit wir dich empfangen können. Dafür öffne unsere Augen für die Not unserer Welt, weite unser Herz und pflanze Tatkraft in unsere Hände. Darum bitten wir dich in diesen adventlichen Tagen, in denen wir uns auf das Ereignis der Geburt deines Sohnes vorbereiten.

Hinführung zur Lesung

In dem kurzen Lesungstext des Propheten Sacharja begegnet uns mit der Tochter Zion eine weibliche Gestalt, die zur Freude angesichts des nahenden Friedenskönigs aufgerufen wird.

Lesung
Sach 9,9–10

Antwortgesang
Tochter Zion (GL 228,1–2)

Hinführung zum Evangelium

Das Gleichnis des Evangeliums erzählt am Beispiel von zehn jungen Frauen, wie es sich mit dem Kommen Gottes und seinem Friedensreich verhält.

Evangelium
Mt 25,1–13

Impuls

Zwei Schrifttexte voller Symbolkraft haben wir gerade gehört. Ein verheißungsvolles, weibliches Bild stellt uns die Lesung vor: die Tochter Zion, eine schillernde Bezeichnung für die Stadt Jerusalem. Diese wurde überwiegend als königliche Braut des alttestamentlichen Gottes Jahwe gesehen. Hier ist sie angesprochen als Freudenbotin, die jauchzt und jubelt über die Ankunft eines königlichen Messias, der nicht mit Pomp und Prunk auftritt, sondern vielmehr auf einem schlichten Esel reitend für alle Völker Frieden und universale Gerechtigkeit verkündet. Diese Verheißung wird im Neuen Testament aufgegriffen, wenn der Einzug Jesu in Jerusalem beschrieben wird. Mit Jesus Christus kommt Gott selber zu uns und wird uns retten.

Im Gleichnis des Matthäus treffen wir gleichfalls auf bräutliches Ambiente: Zehn junge Frauen, wahrscheinlich Brautjungfern, warten auf den Bräutigam, um ihn in den Hochzeitssaal zu begleiten. Dieser lässt aber auf sich warten. Als er dann endlich mitten in der Nacht – alle Frauen schlafen bereits – plötzlich erscheint, gewährt er nur jenen fünf Jungfrauen Einlass, die genügend Öl für ihre Lampen dabeihatten. Für die anderen fünf, die nicht vorgesorgt hatten, wird die Tür zum Festsaal zugeschlossen.

Unwillkürlich fragt man sich: Wie verträgt sich die Freude über die Verheißung, dass ein friedvoller König für die ganze Völkerwelt kommt, mit dem eher ernsten Charakter des Gleichnisses vom streng urteilenden, ausschließenden, ohne Ankündigung hereinbrechenden Bräutigam? Doch zum doppelten Charakter der Adventszeit passt dies durchaus: stilles, geduldiges Warten, Besinnung und Wachsamkeit wie auch die Vorfreude und hoffnungsfrohe Sehnsucht, dass ein Friedensfürst kommt, der aller Not und allem Unfrieden ein Ende machen wird. Derart ambivalente Spannung prägt die Wochen vor Weihnachten.

Beide Schriftstellen werfen wichtige Fragen zur Lebensgestaltung auf: Wann wird Gott zu mir kommen? Wie kommt er? Und wie soll ich ihm begegnen? Wie gestalte ich meine Zeit bis zu seiner Ankunft?

Wir hören, dass zu den Törichten diejenigen zählen, die keine Sehnsucht mehr verspüren, die alles schon haben, denen gleichgültig ist, ob und wann Gott kommt. Wer sich selbstgenügsam eingerichtet hat und Glauben eher als Störfaktor ansieht, läuft Gefahr, wie die ungenügend vorbereiteten fünf Frauen die Begegnung mit Gott zu verpassen.

Kluge haben außer dem Öl in den Lampen noch Öl in Krügen mitgenommen, um bei einer verzögerten Ankunft des Bräutigams auch für den Lichtertanz und das anschließende Festessen gerüstet zu sein. Klug sind also diejenigen, die mehr erwarten; die glauben, dass es jemanden gibt, der größer ist als man selbst und die eigene eng begrenzte Welt. Umsichtige Menschen nutzen sinnvoll ihre Zeit und machen sich bewusst, worauf sie warten. Sie stellen sich der Nacht, geben die Hoffnung auf Gottes Ankunft nicht auf und gehen ihm aufrecht und wohlgerüstet entgegen.

Erwartet Gott da nicht zu viel von uns? Das ist zu verneinen, wenn wir noch einmal auf das Setting schauen: Geschlafen haben ja alle Wartenden. Also geht es Gott nicht um ständiges Horchen und stetiges Wachen rund um die Uhr. Mit der von ihm gewünschten Wachsamkeit ist eher die Wachsamkeit der Liebenden gemeint: die Aufmerksamkeit einer Braut, die nach dem ausschaut, den ihre Seele liebt. Es kommt darauf an, vom Schlaf aufzustehen, die Tür für Gott zu öffnen, wenn er davorsteht, und ihm mit bereitem Herzen entgegenzugehen.

Wie im Gleichnis sind es oft Frauen, die aufwachen und ihre Lampen gefüllt haben, die Licht hintragen zu Menschen, die im Dunkeln stehen. Sie sind es, die häufig wachsam aktuelle Probleme wahrnehmen, sich dem Leben nicht verschließen und wesentliche, existentielle Fragen nicht immer wieder hinausschieben.

Advent ist Vorbereitung auf das, was kommen wird. Advent bedeutet, dass etwas Neues beginnt. Ein neuer König, der alle Ländergrenzen sprengt, kündigt sich an; einer, der sich völlig anders verhält als die weltlichen Machthaber. Ein armer, gerechter und friedfertiger König ohne Hofstaat begehrt Einzug in unsere Herzen. Wenn wir sie für andere öffnen, notleidenden Menschen helfen und uns von Gottes Willen führen lassen, dann können wir hoffen, hinreichend vorbereitet zu sein für das letzte große Portal zum Hochzeitssaal.

Stille

Überleitung
Das Lied, das wir gleich gemeinsam singen, will uns auf die Ankunft des Messias am Ende der Zeiten aufmerksam machen. Es greift wiederum das Bild von Braut und Bräutigam auf. Das Volk Gottes als seine Braut erwartet wachsam das Kommen des Bräutigams. Mit freudigen Herzen, die Lampen mit Öl gefüllt, ziehen die Gläubigen ihm entgegen. Ziel ist das himmlische Jerusalem, Gottes heilige Stadt, wo im Freudensaal ein Festmahl bereitet ist.

Lied
GL 554,1–3 (Wachet auf, ruft uns die Stimme)

Fürbitten
Der ewige Gott ist der Anfang und das Ende. Er ruft uns auf, klug vorbereitet zur Hochzeitsfeier mit dem Bräutigam aufzubrechen. Lasst uns zu ihm, der das wahre Licht ist, beten:

Ruf
Komm, Herr Jesus, Maranatha (GL 634,6)

Gott, du verriegelst und öffnest Türen. Türen, die uns von uns selbst und anderen und von dir trennen. Lass uns in unserem Warten nach Leben nicht allein. Halte uns die Türen offen in Jesus, deinem Sohn und unserem Bruder, heute und alle Tage des Advents. Amen.

Vaterunser
Das Dunkel unserer Nacht erscheint durch Jesus Christus in einem anderen Licht. Er verbannt alle Gewalt, bringt Trost und neuen Mut. So beten wir voll Vertrauen, wie er es uns gelehrt hat:

Vater unser …

Alle bilden einen Kreis, fassen sich an den Händen und beten gemeinsam.

Lied
Seht, die gute Zeit ist nah (GL 719,1–2, Eigenteil des Bistums Essen / EG 18,1–2)

Schlussgebet
Wir wissen nicht, wann du kommst, Gott. Lass uns nicht vor verriegelten Türen stehen, weil wir die Verbindung mit dir verfehlt haben. Darum bitten wir durch Christus, unseren Bruder und Messias. Amen.

Segensbitte
Der Leben spendende Gott segne uns.

Seine Liebe breite sich aus in uns wie die Zweige des Ölbaums.

Tau der Gerechten möge auf uns regnen und müden Glauben erfrischen.

Er lasse unsere Seele voll Vertrauen auf das Morgenrot warten und schenke uns Zuversicht, dass er tatsächlich zu uns kommt:

der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Lied
Macht hoch die Tür (GL 218,1.4)

oder
Sagt an, wer ist doch diese (GL 531,1–3)

DU MEINE AUFBRÜCHE SEGNENDER GOTT

Rebekka

Hinweis
Dieser Gottesdienst ist als werktägliche Eucharistiefeier für eine (Frauen-)Gruppe (kfd, Caritas etc.) zur Einstimmung in das neue Jahr, z. B. im Rahmen eines Einkehrtages, konzipiert.

Zur Eröffnung
Wagt euch zu den Ufern (Das Benediktbeurer Liederbuch, 600,1–3)

Einführung
Der Jahresbeginn ist für viele ein markantes Ereignis, um aufzubrechen, sich auf den Weg zu neuen Ufern zu machen. Sich Unbekanntem zu stellen, fordert heraus, benötigt viel Kraft und Mut. In den biblischen Lesungen dieses Gottesdienstes geht es um den Aufbruch von zwei sehr unterschiedlichen biblischen Frauengestalten. Die eine, Rebekka, eine junge bildschöne Frau, lebte vor sehr langer Zeit zwischen 2100 und 1800 vor Christus; die andere, eine vom Leben gezeichnete, niedergekrümmte Frau, zur Zeit Jesu. Der von Gott initiierte Aufbruch der jungen Rebekka in ein neues Land zu einem Mann, den sie noch nie gesehen hat und der ihr Ehemann werden soll, war zweifellos ein großes Wagnis. Von anderer Art, aber nicht weniger fordernd und beängstigend, ist der Aufbruch in ein selbstbestimmtes Leben. Diesen Weg hat die gekrümmte Frau mit Jesu Hilfe beschritten.

Bußakt
Gott kam Rebekka am Brunnen entgegen. Wir schauen oft nicht auf und vertrauen uns nicht seiner Führung an.

Liedruf
Meine engen Grenzen (GL 437,1)

Die gekrümmte Frau hob ihren Blick und ließ sich von Jesus Christus aufrichten. Wir verharren oft inaktiv in lähmenden Verhältnissen.

Liedruf
Meine ganze Ohnmacht (GL 437,2)

Gottes Geist geht die Wege beim Aufbruch in unbekanntes Terrain mit. Wir scheuen oft ängstlich jedes Risiko.

Liedruf
Mein verlornes Zutraun (GL 437,3)

Gebet
Gott, du hast dich bereits auf den Weg gemacht, bevor wir zu dir aufgebrochen sind. Schau auf uns und begleite uns bei unseren Schritten hin zu dir. Du kennst unsere Sehnsucht nach Glück und Geborgenheit wie auch unsere Versäumnisse und unsere Schuld. Gewähre uns deine Hilfe und schenke uns deinen Segen. Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Heiland und Bruder. Amen.

Lesung
Gen 24,15–20.54–66

Psalmlied
Zu dir, o Gott, erheben wir (GL 142,1–2)

Halleluja
GL 175,6

Evangelium
Lk 13,10–17

Impuls

Ein Frauenleben zur Zeit des Altertums im Nahen Osten war ganz anders als das von modernen Frauen heute. Es galt als völlig normal, dass die Männerwelt bestimmte, was mit Mädchen und Frauen passierte. Sie gehörten ihrem Besitz an und der „Patriarch“, der Vater oder Ehemann, trug die rechtliche und wirtschaftliche Verantwortung für die weiblichen Mitglieder seiner Familie. Über Frauen wurde verfügt wie über Besitz, der manchmal zwar wertgeschätzt wurde, aber sie galten nicht als Subjekte, die eigenständig aktiv sein durften. Das war die Welt, in der die sogenannten Erzväter Abraham, Isaak und Jakob mit ihren Frauen lebten.

Umso mehr erstaunt es, wie aktiv die sehr junge, attraktive Rebekka in der ersten Szene, die wir als Lesung gehört haben, auftritt. Sie kommt heraus, sie steigt zur Quelle hinab, sie füllt schnell ihren Wasserkrug, sie kommt wieder herauf. Sie gibt dem Sklaven, den Abraham als Brautwerber zu ihr geschickt hat, sofort zu trinken. Dann läuft sie einige Male zum Brunnen, leert und füllt geschwind die Krüge, um für alle Kamele, zehn an der Zahl, Wasser zu schöpfen. Sie spricht mehrfach mit dem Knecht und bietet ihm Gastfreundschaft im Haus ihrer Familie an. So viele positive Eigenschaften auf einmal werden in den biblischen Erzählungen selten einer einzigen Frau zugeschrieben.