Die Zahl der Polemiken gegen das geistliche Spiel des Mittelalters nahm im konfessionellen Zeitalter deutlich zu. Dennoch brach diese Spieltradition, insbesondere im suddeutschen Raum, mit Luthers Auftreten nicht ganzlich ab. Auch protestantische Dramenautoren beschaftigten sich mit den zentralen Ereignissen des Heilsgeschehens und brachten selbst das Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu Christi auf die Buhne. In Augsburg wurde 1565 im stadtischen Tanzhaus das Passions- und Osterspiel des einheimischen Meistersingers Sebastian Wild aufgefuhrt. Durch die Drucklegung (1566) konnte sich eine nachhaltige Wirkung entfalten, die auch das katholische Volksschauspiel im bairisch-osterreichischen Raum erfasste. Literaturgeschichtliche Beachtung verdient das Buhnenstuck insbesondere als eine wichtige Textvorlage des altesten Oberammergauer Passionsspiels von 1662.